Der Gastacho – Fahrgefühl für Gaseinsparungen
22.07.2022 | Auch hier zu finden im Web
Der Gastacho – Fahrgefühl für Gaseinsparungen
Dr. Christoph Müller
Veröffentlicht auf LinkedIn am 22.07.2022
Mit Blick auf die Gasmangellage wird zurzeit auf allen Ebenen an die privaten Haushalte appelliert, sich um Gaseinsparungen zu bemühen. Doch für die Haushalte, die hier mitmachen und aktiv sein wollen, ergibt sich ein frustrierendes Problem: Man hat überhaupt kein Fahrgefühl, wie man beim Gassparen vorankommt und wo man steht. Verbrauchsmessung über intelligente Messsysteme (d. h. mit fortlaufender und digital abrufbaren Zählerständen) sind im Strombereich im Haushaltsbereich noch immer eher die Ausnahme … für die Gasversorgung sind sie einfach nicht existent. Man kann also nur auf seinen Gaszähler schauen und die bezogenen Kubikmeter Gas ablesen – mit der abstrakten Volumenzahl in Kubikmetern kann man aber reichlich wenig anfangen. Auch fleißiges Notieren und lineares Mitrechnen der Tagesdurchschnittsverbräuche bringt reichlich wenig. Denn der Gasverbrauch ist vor allem dann, wenn es um Raumwärme geht (und das geht es im Haushaltsbereich eigentlich immer), stark abhängig von Witterung und Temperatur. Und ohne Weiteres ist es eben nicht möglich, seinen Gasverbrauch in ein sinnvolles Verhältnis zur Temperatur zu setzen. Deshalb haben wir bei der Netze BW GmbH den „Gastacho“ aufgelegt. Dieses kleine Werkzeug gibt Ihnen eine solide Einschätzung darüber, wo Sie aktuell und eben auch unter Berücksichtigung des Temperaturverlaufs stehen und zeigt Ihnen, ob Ihre Einsparbemühungen schon greifen.
Was berechnen wir da?
Ich will nicht drumherum reden – im Kern steht hinter dem Gastacho ein einfacher Ansatz, der mit „zwei Punkte, ein Trend“ vielleicht schon umfassend beschrieben ist. Diese Beschreibung zeigt auch eine vorhandene Beschränkung des Gastachos auf – aus zwei Punkten lässt sich halt nur ein begrenzt belastbarer Trend ableiten.
Die zwei Punkte sind die eingegebenen Zählerstände mit ihrem damaligen Ablesedatum. Der sich daraus ergebende Gesamtverbrauch wird ins Verhältnis zu den Gradtagszahlen des Zeitraums zwischen den Ablesezeitpunkten gesetzt. Diese sogenannten Gradtagszahlen geben für jeden einzelnen Tag an, wie stark bei einer gegebenen Außentemperatur geheizt werden musste – entsprechend sorgen niedrigere Temperaturen für eine höhere Gradtagszahl und umgekehrt. Und so begründet eine höhere Gradtagszahl auch einen höheren Gasverbrauch. Für den Zeitraum vom letzten Ablesedatum bis heute werden ebenfalls die Gradtagszahlen hochgerechnet. Somit wird der (objektive) Heizbedarf auch bei der Einschätzung des aktuellen Gasverbrauchs berücksichtigt. Der Ansatz des Gastachos ist also eine mit den Gradtagszahlen gewichtete arithmetische Hochrechnung der Verbrauchsstände.
Gilt das nur für das Netzgebiet der Netze BW GmbH oder bundesweit?
Die Gradtagszahlen variieren über das ganze Bundesgebiet. Hinter dem Gastacho liegen die Gradtagszahlen für den Großraum Stuttgart. Wie erläutert, repräsentieren die Gradtagszahlen den konkreten Heizbedarf, und natürlich führt ein Winter im Erzgebirge zu mehr Heizbedarf und damit zu höheren Gradtagszahlen als ein Winter im Großraum Stuttgart. Da wir aber arithmetisch mit Gradtagszahlen gewichten, ist nicht das absolute, sondern das relative Niveau entscheidend. Sofern man also annimmt, dass der Winter im Erzgebirge konstant „20 % härter“ ist als der Winter im Großraum Stuttgart, ist der Gastacho auch für das Erzgebirge anwendbar. Im Großen und Ganzen sollte der Gastacho also für das ganze Bundesgebiet vernünftige Werte generieren, denn im Großen und Ganzen ist der Winter in den diversen Regionen Deutschlands einigermaßen stabil korreliert (freue mich auf die Kommentare von Meteorologinnen bzw. Meteorologen unter dem Artikel 😉). Kalibriert allerdings ist er eben auf Baden-Württemberg/Stuttgart.
Warum machen wir als Netzbetreiber einen Gastacho?
In der aktuellen Lage ist es wichtig, dass gerade auch die geschützten Haushaltskunden sich um Einsparungen bemühen. Dabei ist es aus meiner Sicht irrelevant, welchen Gaslieferanten man hat. Eine eingesparte EnBW-Gaskilowattstunde ist genauso gut wie eine eingesparte Goldgas- oder E.ON-Kilowattstunde. Energie sparen, Strom und Gas, war schon immer ein sehr sinnvolles Vorhaben, aber selten wohl so dringend geboten wie aktuell. Wo man steht und wie man in den nächsten Wochen vorankommt – dabei kann einem für den Gasverbrauch der Gastacho der Netze BW GmbH jetzt helfen. Allerdings arbeitet der Gastacho rein auf den Gasmengen – für die Frage der Höhe der Gasrechnung sind auch noch die Gaspreise der Gasanbieter entscheidend. Über die Entwicklung der Gasrechnung macht der Gastacho keine Aussage. Deshalb befürchte ich, dass auch noch so festes Gassparen durch die Preiseffekte, die uns hier ins Haus stehen, überkompensiert wird.
Und hier noch einmal der Link zum Gastacho: www.netze-bw.de/gastacho
Dr. Christoph Müller
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