Über die theoretische Suche nach dem energiewirtschaftlichen Paradies

29.04.2024 | Auch hier zu finden im Web

Energiewirtschaft
Energiewende

In seinem Artikel „Perspektiven Regenerativer Energien am Beispiel Deutschlands“ gleicht der Autor Joachim Nitsch die Ergebnisse verschiedener Studien für den langfristigen Anteil erneuerbarer Energien in der Gesamtenergiebereitstellung ab. Insbesondere vergleicht er dabei die Kostenstrukturen für verschiedene erneuerbare Energieformen, die als technisch erreichbar angesehen werden. Der größte Zuwachs wird dem Segment unter 15 Pfennig/kWh zugeschrieben, das von 25 TWh im Jahr 2000 auf 341 TWh 2020 anwächst, im Wesentlichen getragen durch Geothermie und Wind. Photovoltaik wird für 2020 ein Potential von 130 TWh zugeschrieben, allerdings mit Kosten über 25 Pfennig/kWh.

Richtig – „Pfennig/kWh“, denn der immer noch lesenswerte Artikel von Joachim Nitsch ist von 2001. Und mit Blick auf unsere aktuellen Debatten ist es durchaus erhellend, sich die energiewirtschaftlichen Studien von damals noch einmal anzuschauen. In den von Joachim Nitsch betrachteten Studien wird die erneuerbare Erzeugung im Jahr 2020 für Deutschland mit 119 TWh oder 23 % des Gesamtstromverbrauchs prognostiziert. Wie wir wissen, war es gut das Doppelte, was zum Beispiel auch an den Stromerzeugungskosten aus Photovoltaik liegt, die deutlich unter 25 Pfennig/kWh bzw. 12,5 Cent/kWh gesunken sind.

Nun ist es altklug, sich über Studien aus dem Jahr 2000 auszulassen. Die von Nitsch aufgeführten Studien von Shell, dem World Energy Council und Anderen waren der zentrale Erkenntnisstand der damaligen Zeit. Die Betrachtung sollte eher zu der Frage führen, warum wir eigentlich glauben, dass unseren heutigen Studien ein irgendwie besser geartetes Schicksal bei einem zukünftigen Abgleich in Aussicht steht? Die Betrachtung der Studien der Vergangenheit relativiert das Gewicht, das wir heutigen Studien geben sollten.

Dies insbesondere, da Studien und Konzepte der zentrale Gegenstand unserer energiewirtschaftlichen Debatten geworden sind. Schaffen wir nach dem Kernenergieausstieg auch den Kohle- und den Gasausstieg und damit den Übergang in eine erneuerbare Energiewirtschaft? Die dena, das Umweltbundesamt, die Stiftung Agora Energiewende, das EWI der Universität Köln, die energiewirtschaftlichen Berater BET und Consentec, aber auch BCG und McKinsey und viele mehr haben Studien veröffentlicht, in denen sie aufzeigen, was es braucht und wie die zügige Transformation des Energiesystems gelingen kann. Auch wenn diese Studien sicher alle gemeinsam den Test der Zeit nicht bestehen werden, werden sie zur Begründung von politischen Forderungen oder gar politischen Handlungen herangezogen. Wasserstoff hat keine Rolle in der Wärmewende – das zeigt eine Studie! Die Energietransformation benötigt weiter Moleküle und damit Wasserstoff – belegt durch eine Studie! Der Kohleausstieg bis 2031 ist sicher zu schaffen – wir haben hier eine Studie, die das zeigt. Deutschland läuft auf eine Stromlücke zu – detailliert nachgewiesen in dieser Studie.

Ein fast schon religiöses Grundmotiv erschwert dabei die Debatten. Alle Studien zeigen die Zukunft einer transformierten, klimaneutralen und kostenseitig darstellbaren Energiewirtschaft und damit das energiewirtschaftliche Paradies. Und dieses Paradies ist im Diesseits erreichbar, wenn man nur konsequent dem Weg nachgeht, den die jeweilige Studie aufzeigt. Dieser Weg ist beschwerlich und anstrengend, aber er ist gangbar. Alle Studien setzen in der Regel nur in geringem Umfang technische Innovationen voraus, um das energiewirtschaftliche Paradies zu erreichen. Ein Wasserstoffnetz für ganz Deutschland ist vorstellbar. Es gibt zwar weltweit noch kein Großkraftwerk mit Wasserstoff als Primärenergieträger, aber keiner zweifelt daran, dass das technisch möglich ist. Die IT- und Telekommunikationsinfrastruktur für die Steuerung des Stromverbrauchs von 10 Mio. oder mehr Haushalten existiert noch nicht, aber es ist alles vorhanden, um diese aufzubauen. Die Paradiese, die uns die Studien zeigen, sind nur mit Willen erreichbar. Und mit Blick auf die im Diesseits real drohende Hölle einer Welt im Klimawandel wird allenthalben gefordert, diesen Willen auch aufzubringen und jetzt die Studienwelten umzusetzen.

Diese Debatten verstellen die Sicht darauf, dass – so unterschiedlich die Studien auch sind – sie alle eine sehr hohe Verfügbarkeit, Anpassungs- und Umsetzungsgeschwindigkeit für die Produktionsfaktoren Kapital, Arbeit und Umwelt annehmen. Papier ist geduldig und PowerPoint bunt – was dort schnell als erreichbar angenommen wird, ist in der praktischen Umsetzung vielfachen Hindernissen ausgesetzt, die sich eigentlich immer gleichen. Und noch ein weiterer, etwas versteckter Punkt geht in den Studiendebatten verloren – dass sie bei allen Unterschieden doch Gemeinsamkeiten haben in dem, was umzusetzen und zu erreichen ist.

Gemeinsame Hindernisse…

Da mit dem spürbar voranschreitenden Klimawandel die Energiewende eine eilige Sache ist, werden ambitionierte Ziele für die Energietransformation gesetzt. Aber man muss gar nicht zwanzig Jahre warten, um im Rückblick die Probleme zu identifizieren – einige Herausforderungen sind uns jetzt schon sehr transparent. Es sind die großen gesamtgesellschaftlichen Debatten rund um die Produktionsfaktoren Kapital, Arbeit und Umwelt, die uns täglich umtreiben und die natürlich auch auf eine umzusetzende Energiewende wirken. Es ist daher bemerkenswert, dass alle Studien unterstellen, dass diese Konflikte gelöst sind bzw. wenigstens keinen verzögernden Einfluss auf die Erreichung der Energiewendeziele haben werden. Tatsächlich drohen hier massive Umsetzungsverzögerungen, völlig unabhängig davon, welche energiewirtschaftliche Zukunftswelt angestrebt wird.

Kapital: Regelmäßig wird unterstellt, dass die notwendigen Investitionen für die Energietransformation attraktiv sind und es daher kein Problem ist, ausreichend das notwendige Kapital zu akquirieren. Unzweifelhaft ist, dass Deutschland ein attraktives Land für internationale Infrastrukturinvestoren sein kann. Das Länderrisiko ist gering, trotz aller Unkenrufe ist die politische Stabilität vergleichsweise hoch. Allerdings muss auch die Verzinsung von Investitionen stimmen – und hier zeigen sich zunehmend Schwierigkeiten. Um jetzt nicht in das fachliche Kleinklein rund um Gewinnabschöpfungen bei hohen Marktpreisen und zu niedrigen Eigenkapitalverzinsungen im regulierten Geschäft zu versinken, nur folgende kleine beispielhafte Kausalkette, die das Problem eigentlich schon ganz gut beschreibt: Das Wasserstoffkernnetz soll eine Verzinsung bekommen, die sich direkt von der aktuellen Eigenkapitalverzinsung für das Stromnetz ableitet. Diese wird von der Branche als zu niedrig angesehen. Das niedrige Niveau wird von Seiten der Regulierung, der Politik und auch der Kundenverbände mit dem guten Risikoprofil gerechtfertigt – anders als in Wettbewerbsgeschäften bekommt man sein investiertes Geld sicher wieder zurück. Beim Wasserstoffkernnetz verlangt die Politik für diesen Zinssatz aber auch einen Selbstbehalt in Höhe von 25 % für „Stranded Investments“, falls das Wasserstoffkernnetz scheitert. Das Wasserstoffkernnetz ist offensichtlich nicht „sicher“ und hat damit ein anderes, schlechteres Risikoprofil als das Stromnetz. Ob das Wasserstoffkernnetz vor diesem Hintergrund von Investoren als attraktiv angesehen wird, muss die Zeit zeigen. Und wenn die Zeit etwas zeigen muss, heißt das vor allem eines: Schnell geht es nicht.

Arbeit: Die ganzen Projekte müssen umgesetzt werden. Auch hier eine beispielhafte Betrachtung: Viele Gemeinden wollen 2035 klimaneutral sein und haben sich Studien erstellen lassen, die ihnen aufzeigen, wie das umzusetzen ist. Eine Großstadt mit 500.000 Einwohnerinnen und Einwohnern wird gut und gerne 100.000 Gasanschlüsse haben. Das bedeutet also, dass ca. 10.000 Hausanschlüsse pro Jahr umgestellt werden müssen, damit eine Klimaneutralität bis 2035 erreicht werden kann. Das sind 50 Gasanschlüsse pro Werktag allein in dieser einen Stadt – und es geht nicht um einen Zählertausch, sondern um die Umstellung der Wärmeversorgung des Gebäudes. Ist das möglich? Natürlich ja! Macht sich das nebenbei und von allein? Natürlich nein! Die nicht verfügbaren Fachkräfte werden zu einem begrenzenden Faktor. Und das nicht nur im Wärmebereich, sondern auch im Übertragungs- und Verteilnetz, wo jeweils rund 300 Mrd. Euro über die nächsten 20 Jahre auf ihre operative Umsetzung warten und in der Stromerzeugung, wo in der Größenordnung 50 Gaskraftwerke gebaut werden sollen. In die Anlehnung an die „Cash Burn Rate“ von Start-ups könnte man eine „Cash Build Rate“ definieren, die man zur Umsetzung der Energiewende noch deutlich steigern müsste.

Und schließlich der Faktor Umwelt: Leben, auch das klimaneutrale, ist immer Ressourcenverbrauch. Im aktuellen Umfeld der Energiewende merken wir, dass das insbesondere die Ressource „Fläche“ betrifft. Zunehmend wird uns klar, dass auch die Energietransformation mit deutlichen Flächenverbräuchen einhergeht. Neue Stromleitungen brauchen regelmäßig neue Trassen. Auch Windräder und PV-Anlagen gehen mit Flächenverbräuchen einher. Zum Ausgleich gebracht werden die widerstreitenden Interessen in Genehmigungsverfahren. Die Genehmigungsverfahren sind als ein echter Bremsklotz in der schnellen Umsetzung der Energietransformation erkannt. Vielfach wird hier das neue „Deutschlandtempo“ gefordert, mit dem LNG-Terminals an die Küste gesetzt wurden. Gerade das LNG-Beispiel macht aber deutlich, dass Genehmigungsverfahren in ihrer eigentlichen Rolle ausgehöhlt werden: Ein geordneter Interessensausgleich der vielen von einem Projekt Betroffenen findet nicht mehr statt. Weiterhin sind Deutschlandtempo-Genehmigungen bisher auch nur Einzelbeispiele. Genehmigungsverfahren sind immer noch ein unkalkulierbarer Risikofaktor in jeder Zeitplanung. Es fehlt an einer durchdachten Beschleunigung der Verfahren, die den ausgleichenden Charakter und ein grundlegendes „Gehört werden“ erhält, gleichzeitig aber die Verfahrenszeiten kürzer und vor allem berechenbarer macht.

Diese Probleme in den Bereichen Kapital, Arbeit und Umwelt sind selbstgemacht und in weiten Teilen auch lösbar. In Studien kommen sie daher eher als Nebenbedingung vor, deren Auflösung zumindest vor dem Hintergrund des Jahrhundertprojekts Energietransformation unterstellt wird. Im wahren Leben kosten diese Hindernisse allesamt Zeit. Und sie beinhalten alle größere bis große gesellschaftliche Konfliktthemen, die auch nicht für die Energiewende beiseitegeschoben werden können. Die Frage des akzeptierten Gewinnniveaus von Energieunternehmen vor dem Hintergrund einer marktwirtschaftlichen Grundordnung und der Daseinsvorsorge mit Energie ist dabei vielleicht noch die einfachste. Zumindest im Vergleich mit einer grundlegenden Reform der Genehmigungsverfahren oder dem Umgang mit dem Fachkräftemangel (der leise Hinweis, dass es beim „Faktor Mensch“ auf diesem Planeten keinen Mangel gibt, macht klar, wie groß die gesellschaftlichen Debatten bei diesem Punkt sind). Und so verhindern diese Grundkonfliktthemen für alle Studien absehbar die Erreichbarkeit der ambitionierten Zeitpläne.

… gemeinsame Wege voran…

Auch wenn die vielen Studien zu einer transformierten Energiewelt unterschiedlich gelagert sind, so haben sie durchaus gemeinsame Punkte. Neben den Problemfeldern rund um Kapital, Arbeit und Umwelt verhindern gerade die Diskussionen um den richtigen Weg, dass diese Gemeinsamkeiten erkannt und schneller im eigentlich greifbaren gesellschaftlichen Konsens angegangen werden.

In Bezug auf die zukünftige Stromerzeugung sehen alle Studien einen kräftigen Zubau von Windkraft- und PV-Anlagen. Im Kern nicht überraschend, wenn man über eine klimaneutrale Stromerzeugung nachdenkt. Es gibt in den Studien verschiedene Ansätze, wie das Problem der „Dunkelflaute“ bzw. der allzeitig ausreichend gesicherten Kraftwerkskapazität gelöst wird, aber mehr Wind und mehr PV ist trotzdem ein Konsenspunkt aller Studien. Insofern muss es frustrieren, dass wir beim Ausbau insbesondere der Winderzeugung nicht die Größenordnungen erreichen, die wir in der Vergangenheit bereits gesehen haben. In den Jahren 2014 bis 2017 wurden in Deutschland pro Jahr rund 5 GW Windkraftanlagen ans Netz angeschlossen. Mit diesem Tempo kämen sogar die sehr ambitionierten Ziele des Ampel-Koalitionsvertrags zumindest in Sichtweite.

Aber die Gemeinsamkeiten verstecken sich auch in weniger offensichtlichen Stellen. Eines der härtesten mit Studien umkämpften Felder der letzten Jahre war die Wärmeversorgung und hier insbesondere der Wasserstoff. Hat Wasserstoff in der Haushaltswärmeversorgung eine Rolle? Dass Wasserstoff hier keinen Einsatz findet, wurde genauso oft und nachvollziehbar dargelegt, wie dass er ein zentraler Baustein für eine gelingende Wärmewende ist. Aber auch das härteste Pro-Wasserstoff-Gutachten unterstellt nicht, dass alle zurzeit betriebenen Gasverteilnetze auf Wasserstoff umgestellt werden. Dass es einige Netze gibt, die nicht mittransformiert werden, ist unvermeidlich. Die deutsche Gasversorgung muss also auf jeden Fall in der Lage sein, Gasverteilnetze in einzelnen Gemeinden oder Teilorten komplett „auf null“ herunterzufahren – technisch sicher, wirtschaftlich ohne Schiffbruch und im sozialen Frieden. Wann wird ein Gasstrang zwingend stillgelegt und die letzten noch verbleibenden Haushalte gezwungen(!), ihre Wärmeversorgung umzustellen? Wenn noch sechs, fünf, vier oder drei Haushalte angeschlossen sind? Auch wenn einer der Haushalte von einem über 80-jährigen Ehepaar bewohnt wird (ein Alter von über 80 Jahre war in den Debatten rund um das Heizungsgesetz ein angedachtes Ausnahmekriterium)? Werden die Gasnetzentgelte für die letzten Haushalte subventioniert? Wie geht man mit einem Stadtwerk um, das die Sonderabschreibungen für das Anlagevermögen nicht verkraften kann? Verlangen wir den Rückbau der stillgelegten Gasleitungen vor dem Hintergrund, dass wir sowieso zu wenig Fachkräfte haben? Dafür, dass die Stilllegung zumindest von Teilen des Gasnetzes sicher auf uns zukommt, ist der Prozess der Stilllegung in seinen vielen Facetten und Herausforderungen überraschend ungeklärt und unstrukturiert. Das zu sortieren wäre ein weiteres, lohnenswertes Arbeitsfeld, mit dem man heute beginnen könnte und das für jede Energiewelt, die auf uns zukommt, ein wertvoller Baustein wäre.

… und gemeinsame „Elefanten“

Wir tun uns so schwer, die gemeinsamen Punkte der Studien herauszuarbeiten und mit deren Umsetzung zu beginnen, weil wir immer noch die großen Ausstiegsdebatten führen. Mit den großen „Elefanten“ „Kernenergiewiedereinstieg“ und „Kohleausstieg 2030“ im Raum kann man sich nicht konstruktiv an den Tisch setzen, um die für alle Studien bestehenden Umsetzungshindernisse zu lösen und die unstrittigen Punkte anzugehen. Dabei sind beides – Kernenergiewiedereinstieg wie Kohleausstieg 2030 – aus praktischer Sicht völlige Geisterdebatten.

Einmal vom besten Verlauf ausgehend gedacht und die ganzen gesellschaftlichen Debatten und unweigerlichen heftigsten Proteste außen vor gelassen: Die Genehmigung für ein Kernkraftwerk wird nicht schneller gehen als die für eine Hochspannungsleitung, was – sehr positiv gedacht – zehn Jahre wären. Und wenn Deutschland sein erstes neues Kernkraftwerk bauen würde, dann wahrscheinlich nicht schneller als das Weltunternehmen der Kernenergie, die EDF. Diese benötigt für den Neubau in Flamanville mittlerweile 15 Jahre. Zeiten für Konzeption und Planung nicht eingerechnet ist also der früheste Zeitpunkt für ein neues deutsches Kernkraftwerk 2050. Damit ist klar, dass die Kernenergie kein Lösungsbaustein sein kann, wenn man die internationalen vertraglichen Verpflichtungen im Bereich des Klimaschutzes auch nur annähernd erfüllen möchte.

Gleiches gilt für den Kohleausstieg im Jahr 2030. Die Debatte rund um die Laufzeitverlängerung der letzten drei Kernkraftwerke hat gezeigt, dass Versorgungssicherheit das übergeordnete Kriterium ist, dem man alles unterordnet. Das ist auch gut so. Es wird keinen Kohleausstieg geben, wenn keine belastbaren Alternativen für eine sichere Stromversorgung zur Verfügung stehen. Das Vorziehen des Ausstiegsziels für die Kohle von 2038 auf 2030 im Ampelkoalitionsvertrag ist viel beachtet worden, dabei war der angefügte Nebensatz entscheidend: „Kohleausstieg bis 2030, wenn das möglich ist.“ Seit der Kohlekommission kann mit etwas gutem Willen der Kohleausstieg als gesamtgesellschaftlicher Konsens unterstellt werden (und es wird nur wenige Kohlefetischisten geben, die nur um der Sache der Kohleverstromung unbedingt Kohlekraftwerke halten wollen). Aber ganz sicher und ohne notwendigen guten Willen ist die allzeit sichere Stromversorgung ein gesamtgesellschaftlicher Konsens.

Energiewende. Sicher. Machen.

Es braucht nicht noch eine weitere Studie, die Transformationswege ausleuchtet und das Paradies einer klimaneutralen Energieversorgung beschreibt. Was es viel eher braucht, ist eine konkrete Projektplanung: Wer macht was bis wann mit wem? Am Ende, und das zeigt der Rückblick auf die Studien der Vergangenheit, sind sowieso alle Studien falsch. Trotzdem sind die Studien hilfreich, wenn man sich auf die Arbeitsschwerpunkte fokussiert, die zum einen für alle Studien gleichermaßen die großen Herausforderungen darstellen und zum anderen die Gemeinsamkeiten in allen Studien darstellen.

Jede Transformation der Energiebereitstellung braucht Antworten auf die Fragen der Finanzierung, des Fachkräftemangels und der Genehmigungsverfahren. Keine Energiewende, egal welcher Studie folgend, kann gelingen, wenn die Produktionsfaktoren Kapital, Arbeit und Umwelt nicht mit voller Kraft für diese Energiewende zur Verfügung stehen. Kaum etwas in diesem Bereich kann schnell und einfach gelöst werden. Alle Studien geben uns also unausgesprochen die Frage mit, wie wir mit diesen Herausforderungen bei der Umsetzung der Energiewende umgehen.

Mehr Windkraft- und mehr PV-Erzeugung ist eine große Gemeinsamkeit aller Studien. Andere – wie die auf jeden Fall notwendige Stilllegungsfähigkeit für einzelne Gasnetze – sind versteckter. Es wird mehr Gemeinsamkeiten geben, die wir herausarbeiten und in die Umsetzung bringen müssen. Allein schon bei Windkraft- und PV-Erzeugung haben wir viel zu tun.Die Energiewende hat kein Erkenntnisproblem. Sie steckt in der Umsetzung fest. Noch eine Studie zu machen, wie man die in der Umsetzung verlorene Zeit vielleicht doch noch aufholen kann, ist nicht die Antwort. „Wichtig ist auf’m Platz!“ gilt auch für die Energiewende.

Dieser Artikel erschien auch im 17. Sammelband der Schriftenreihe des Kuratoriums des Forum für Zukunftsenergien e. V. mit dem Titel „Umsetzung der Energiewende: zwischen Wunsch und Wirklichkeit“.

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